Jugend-Bildnis Meines Vaters

Im Auge Traum. Die Stirn wie in Berührung
mit etwas Fernem. Um den Mund enorm
viel Jugend, ungelächelte Verführung,
und vor der vollen schmückenden Verschnürung
der schlanken adeligen Uniform
der Säbelkorb und beide Hände—, die
abwarten, ruhig, zu nichts hingedrängt,
Und nun fast nicht mehr sichtbar: als ob sie
zuerst, die Fernes greifenden, verschwänden.
Und alles andre mit sich selbst verhängt
und ausgelöscht als ob wirs nicht verständen
und tief aus seiner eignen Tiefe trüb—

Du schnell vergehendes Daguerreotyp

Einzug

Voll ist die zeit
Weckt was gefeit
Schlief mit dumpfem gegrolle.
Jahrnächte lang
Unsichtbar schlang
Nichtig dursten der scholle:

Grausam geheiss
Tod-nahen schweiss
Ohnmachtschrel der Besessnen
Hilflose qual
Fluchwürdig mal
Sterbend flehn der Vergessnen.

Boden zerriss
Hülle zerspliss
Same drängte zu sonnen.
Die ihr entfuhrt
Dunkler geburt
Euer reich hat begonnen.

Spreng aus der kluft!
Schrecke die luft
Leuchtender heere geschmetter!
Rachlieder schnaubt

Gräber in Speier, Die

Uns zuckt die hand im aufgescharrten chore
Der leichenschändung frische trümmer streifend.
Wir müssen mit den tränen unsres zornes
Den raum entsühnen und mit unserm blut
Das alte blut besprechen dass es hafte
Dass nicht der Spätre schleicht um tote steine
Beraubte tempel ausgesognen boden..
Und der Erlauchten schar entsteigt beim bann:

Des weihtums gründer strenge kronenstirnen
Im missglück fest in busse gross: nach Konrad
Der dritte Heinrich mit dem stärksten zepter—
In wälschen wirren in des sohnes aufruhr

Lämmer

Zu dunkler schwemme ziehn aus breiter lichtung
Nach tagen von erinnerungschwerem dämmer
In halbvergessner schönheit fahler dichtung
Hin durch die wiesen wellen weisser lämmer.

Lämmer der sonnenlust und mondesschmerzen
Ihr keiner ferngeahnten schätze spürer!
Lämmer ein wenig leer und eitle herzen
Stolz auf die güldnen glocken eurer führer!

Alternde uns! in eurem geiste junge!
Lämmer von freuden die für uns erkühlen
Lämmer mit schwerem schritt mit leichtem sprunge
Mit einem heut kaum mehr begriffnen fühlen!

Sturmnacht ist wie eine große Geste, Die

Die Sturmnacht ist wie eine große Geste,
in welcher Gott die vielen Dinge sammelt;
der Himmel steht, der leise Sterne stammelt,
und sucht in dieser wuchtigen Flucht das Feste.

Gott aber will nicht den Bestand.
Schwankend und blaß wird Wald und Wand.
Und durch alle Gassen der Erde
jagen hundert dunkle Pferde:
Schatten von Gottes kommender Hand.

Loostag

An lauen abenden gefiel es uns
In enger eintracht auf demselben pfad
Von unsrem haus zu reden und geschlecht
Ermuntrung uns zu spenden oder trost.
Nun bringst du mir zum erstenmal ein leid
Ein tiefes—meine schwester—denn mir scheint
Dass du gen westen nach dem rebenzaun
Dich manchmal drehtest still und froh und kaum
Mir lauschtest! O wenn ein geheimnis droht
Aus diesen reben das dich uns entführt!

Im Kreuzgang von Loretto

Still ist es in dem Kreuzgang, in dem alten,
wo über krausen Säulenarabesken
herniederschaun aus halbverwischten Fresken
geheimnisvolle Heiligengestalten.

Wo eine Wachsmadonna, die man zeiht
so manchen gnadenvollen Heilmirakels,
prangt hinterm grauen Glas des Tabernakels
im silberübersäten Seidenkleid.

Spannt über Blättergold Spätsommerhaar
sich draußen auch im Klosterhof Lorettos,—
vor einem Bild im Stile Tintorettos
steht selig still ein junges Liebespaar.

Herbstgang

Und strahlend unter goldnem Baldachin
um starre Wipfel funkelnd hingebreitet
und Kronen tragend gehn wir hin
und flüsternd gleitet
dein süßer Tritt gedämpft im bunten Laub.
Aus wilden schwanken lachenden Girlanden
rieselt's wie goldner Staub
und webt sich fließend ein in den Gewanden
und heftet wie Juwelen schwer
sich dir ins Haar und jagt vom Licht gehetzt
in grellen Wirbeln vor uns her
und sinkt aufstiebend in das wirre Meer
kräuselnder Blätter die vom Abendduft genetzt
wie goldgewirkte Teppiche sich spannen . .

Bey dem H. und S. Vermahlung

So schenkst Du denn nun dem dein Herze,
Den Dir, geliebte Braut, im Scherze
Die Liebe langstens prophezeyt?
So uberlaßt Du dich denn heute
Dem Schicksal aller lieben Braute,
Mit freudiger Gelassenheit?

Doch soll Dich der Verlust nicht ruhren,
Den Namen, Fraulein, zu verlieren?
Nein, so ein Ungluck macht nicht grau.
Wem wird das Herz daruber brechen?
Will man nicht, gnadge Fraulein sprechen:
So sagt man kunftig, gnadge Frau.

Doch kunftig darfst Du es nicht wagen,
Den schonen Brautkranz mehr zu tragen,

Stiechenden, Die

Verschüttet ist unser Sterbegesicht
Von Abend und Schmerzen und Lampenlicht.

Wir sitzen am Fenster und sinken hinaus,
Fern schielt noch Tag auf ein graues Haus.

Unser Leben spüren wir kaum …
Und die Welt ist ein Morphiumtraum …

Der Himmel senkt sich nebelblind.
Der Garten erlischt im dunklen Wind—

Kommen die Wächter herein,
Heben uns in die Betten hinein,

Stechen uns Gifte ein,
Töten den Lampenschein.

Hängen Gardinen vor die Nacht …
Sind verschwunden sanft und sacht———

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