Graf und Nonne

1. Stand ich auf hohem Berge,
sah in den tiefen Rhein,
sah ich ein Schiff lein schweben,
viel Ritter tranken drein.

2. Der jüngste von den Rittern
hob auf sein romisch Glas,
tät mir damit zuwinken:
Feinslieb ich bring dir das!

3. Was tust du mir zutrinken,
was bietst du mir den Wein?
Ich muß ins Kloster gehen,
muss Gottes Dienerin sein.

4. Des Nachts wohl um die halbe Nacht
träumt es dem Ritter so schwer,
als wenn sein herzallerliebster Schatz
ins Kloster gegangen wär.

5. Mir träumt, ich hätt' eine Nonn gesehn,
ich trank ihr zu mein Glas,
sie wollt nicht gern in's Kloster,
ihr Äuglein waren nass.

6. Halt an! Halt an dem Klostertor,
ruf mir mein Lieb heraus.
Da kam die ält'ste Nonne:
»Mein Lieb soll kommen heraus.«

7. ┬╗Kein Feinslieb ist hierinnen,
kein Feinslieb kann heraus.┬½ —
┬╗Und ist kein Feinslieb drinnen,
so steck ich an das Haus.«

8. Da kam Feinslieb gegangen,
schneeweiß war sie gekleid't:
┬╗Mein Haar ist abgeschnitten,
leb wohl in Ewigkeit!«

9. Er vor dem Kloster niedersaß,
und sah ins tiefe, tiefe Tal;
tat ihm sein Glas zerspringen,
zerspringen auch sein Herz.
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